„Hehre Ziele reichen nicht“

Rudolf Zrost, IV-Ausschussvorsitzender für Energie, Ressourcen und Ökologie, über ökologische Wünsche und infrastrukturelle Fakten. 

Welche Rolle spielt die Industrie aus Ihrer Sicht bei der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft?

Wir sind die Lösung, nicht das Problem. Wer, wenn nicht die Industrie, wird all jene Infrastrukturen bauen, die ein neues Energiesystem ausmachen? Nur durch neue, innovative Lösungen und Technologien wird es möglich sein, zu dekarbonisieren. Die Industrie ist der Enabler, der „Ermöglicher“ der Transformation – allen voran heimische Industriebetriebe. Österreichs Industrie gehört bereits heute zu den Weltmeistern in Sachen Klimaschutz und nachhaltiger Produktion – etwa bei Stahl, Papier und Zement.

Was erwarten Sie von der Politik?

Unterstützung und keine unnötigen Hürden. Es ist notwendig, auf Marktmechanismen und Technologieoffenheit zu setzen, statt auf Verbote und Verzicht. Die langfristige Dekarbonisierung der Industrie ist mit massiven Mehrkosten verbunden, innovative Lösungen müssen gefördert werden. Wir brauchen einen ausreichend dotierten Industrie-Dekarbonisierungs-Fonds insbesondere für die energieintensive Industrie durch die Bundesregierung. Vor allem aber brauchen wir eine ehrliche Debatte über die Herausforderungen und Voraussetzungen der Transformation. Grundvoraussetzung der Transformation ist die gesicherte Verfügbarkeit von ausreichenden Mengen erneuerbarer Energie zu wettbewerbsfähigen Kosten.

Was heißt das konkret?

Wir sprechen gern über Positivthemen wie Klimaziele und Ausbau der erneuerbaren Energien. Weniger oft werden problematische Punkte angesprochen, wie etwa die steigende Blackoutgefahr. Ein Tag ohne Strom kostet die österreichische Volkswirtschaft rund eine Milliarde Euro. Um Blackouts dauerhaft sicher vermeiden zu können, muss der Ausbau erneuerbarer Energieproduktion vom zügigen Ausbau entsprechender Infrastrukturen begleitet werden. Wir brauchen also die Verstärkung und Flexibilisierung des Netzausbaus sowie eine Beschleunigung bei Genehmigungsverfahren. Die Energiewende wird nur gelingen, wenn die dafür notwendige Energie-Infrastruktur rasch ausgebaut wird. Hehre Ziele allein reichen nicht.

Was wird Ihrer Erwartung nach passieren, wenn die Genehmigungsverfahren so lange dauern wie bisher?

Es kann nicht sein, dass ein Projekt sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt – und Genehmigungen werden trotzdem verzögert oder gar versagt. Dadurch wird auch bei akribischer Vorbereitung und präziser Planung eine volkswirtschaftlich sinnvolle Umsetzung verhindert. Die daraus resultierende Rechts- und Planungsunsicherheit führt im schlimmsten Fall dazu, dass wichtige Zukunftsinvestitionen gänzlich ausbleiben. Das können und dürfen wir uns nicht leisten.

Foto: Leube Zement GmbH

Zur Person:

Rudolf Zrost ist Geschäftsführer der Leube Zement GmbH in St. Leonhard bei Salzburg. Seit 2019 leitet er den IV-Ausschuss für Energie, Ressourcen und Ökologie. Hier beschäftigen sich Vorstände und Führungskräfte heimischer Industriebetriebe und Energieversorger mit einer Vielzahl an industriepolitisch höchst relevanten Themen: angefangen von der aktuellen Energie- und Klimapolitik über Fragen zur Energieeffizienz, erneuerbaren Energie sowie Energie- und Umwelttechnologie, bis hin zu aktuellen Entwicklungen bei rohstofflichen Ressourcen und Kreislaufwirtschaft sowie Anlagen- und Umweltrecht.