Im Bereich der Stahlbauindustrie hat sich Unger Steel aus Oberwart weltweit einen Namen gemacht. Das Familienunternehmen hat im Laufe der Jahre eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen, die jüngst in der Präsentation einer Firmenchronik gipfelte.
Welche Herausforderungen hat ein Familienunternehmen zu meistern? Welche Werte vertritt es? Und welche Pläne für die kommenden Jahre gibt es? CEO & Eigentümer Matthias Unger und Eigentümer Josef Unger beantworten diese Fragen für Unger Steel.
Sie haben vor Kurzem Ihre Firmenchronik präsentiert. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Matthias Unger: Bei unseren Firmenfeiern werden immer wieder Mitarbeiter geehrt, die schon 20, 30 oder 40 Jahre bei uns sind oder in den Ruhestand wechseln. Dabei werden immer lustige Anekdoten erzählt. So reifte die Idee, diese Geschichten niederzuschreiben. Dabei ist uns bewusst geworden, dass unser Familienunternehmen seit über 70 Jahren besteht, was in unserer schnelllebigen Zeit durchaus eine Besonderheit ist.
Was 1952 als Schlosserei begann, ist heute ein Immobilienprojektentwickler, der von der Planung über Finanzierung bis zur Verwertung alles anbietet. Welche Entwicklungsschritte waren dafür nötig?
Matthias Unger: Aus meiner Sicht war hierfür unsere Struktur als Familienunternehmen mit schnellen Entscheidungswegen und flacher Hierarchie entscheidend. Mit Prestige-Projekten wie der Schwarzl-Halle bei Graz wurden wir österreichweit bekannt. Wir waren unter den ersten Bauunternehmen, die nach der Ostöffnung ihre Leistungen in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Russland anboten. Einige der Kunden aus Westeuropa baten uns, ihre Objekte schlüsselfertig zu errichten, damit sie hier einen Ansprechpartner haben, der ihre Projekte aus einem Guss umsetzt. Unter meiner Leitung erweiterten wir unser Service um den Bereich der Immobilienprojektentwicklung samt Verwaltung nach schlüsselfertiger Realisation.
Wohin geht die Reise im Stahlbau und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?
Matthias Unger: Wir hatten und haben den Anspruch, in unseren Bereichen die Technologieführerschaft zu übernehmen. Wir analysieren laufend neue Trends, führen Austausch mit Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Start-Ups und Kunden. Themen wie BIM (Building Information Modeling), Ressourcenschonung, grüner Stahl, maximale Recycling-Quote etc. sind für uns selbstverständlich. Wir sehen den Stahlbau – gerade in Kombination mit Digitalisierung und einem ressourcenschonenden Umgang – als sehr modernen Baustoff mit enormen Potentialen. Bei der weiteren Entwicklung des Stahlbaus möchten wir eine federführende Rolle spielen.
Das Unternehmen wird in dritter Generation von der Familie Unger geführt. Wie haben Sie die Übergabe gehandhabt, wo liegen Herausforderungen?
Josef Unger: Der Übergang war durchaus fordernd, sowohl für meinen Sohn als auch für mich. Matthias zeigte bereits früh großes Interesse an unserem Unternehmen. Nach seiner Ausbildung sammelte er praktische Erfahrung bei internationalen Konzernen. Anschließend stieg Matthias bei uns ein. Selbstverständlich stand und stehe ich mit Rat und Tat zur Seite. Gemeinsam haben wir den Nachfolgeprozess in drei mehrjährige Phasen unterteilt: die Einstiegsphase, die Bewährungsphase und die gemeinsame Führung. Für mich als Vater war und ist es schön, mit welchem Engagement, Sichtweisen und neuen Impulsen Matthias die Dinge angeht.
Matthias Unger: Ich habe früh in verschiedenen Bereichen des Unternehmens gearbeitet und begann meinen Einstieg mit 25 Jahren. Anfangs war es eine Mischung aus Lernen von meinem Vater, Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und eigenständigen Projekten: Der Übergang war nie vollständig abgeschlossen – was auch gut so ist. Mein Vater ist noch immer aktiv im Unternehmen, was zeigt, wie fließend und dynamisch dieser Prozess ist.
Stahlbau Unger bezeichnet sich als global agierendes, regional ausgerichtetes Familienunternehmen. Wie handelt man 1.600 Mitarbeiter in der ganzen Welt aus Oberwart heraus?
Matthias Unger: Gerade die Entwicklungen der letzten Jahre haben hier viel verändert. Es ist nicht notwendig, laufend vor Ort zu sein, um sich abzustimmen. Wir setzten die vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten von Anfang an ein und dies war eine Grundvoraussetzung, um mit unseren Teams auf den Baustellen in Verbindung zu bleiben. Der persönliche Kontakt ist jedoch weiterhin enorm wichtig. Daher veranstalten wir regelmäßige Events, wo wir uns ungezwungen austauschen. Eine kohärente Firmenkultur ist zudem unbezahlbar.
Was schätzen Sie am Standort Oberwart/Burgenland? Wo liegen die Herausforderungen?
Matthias Unger: Die lange Tradition, die Verwurzelung in der Region und die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen „in der Nachbarschaft“ sind immens wichtig für uns. Wir sehen es als Aufgabe, etwas zurückzugeben und einen Beitrag für das Gemeinwohl zu leisten. Nach der Ostöffnung war der Standort nahe des Eisernen Vorhangs ein Vorteil. Nun befinden wir uns mitten in Europa. Die Herausforderungen liegen einerseits in der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern, wo wir eng mit der HTL Pinkafeld zusammenarbeiten. Andererseits ist für uns der weitere Erhalt der Eisenbahnstrecke nach Oberwart von Bedeutung, da wir über diese einen Großteil unseres Rohmaterials bekommen. In Zeiten des Klimawandels sollte der Betrieb solcher Strecken nicht in Frage gestellt, sondern forciert werden.
Familienunternehmen haben eigene Werte und Dynamiken. Wo ist Ihr Schwerpunkt?
Matthias Unger: Als Familienunternehmen setzen wir auf Werte wie Loyalität, Vertrauen, Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit. Gleichzeitig streben wir stets danach, uns zu verbessern und das beste Service und Produkt zu bieten. Unsere Aufgabe ist es, hierfür optimale Voraussetzungen zu bieten, sodass unsere Mitarbeiter ihre Tätigkeiten mit Freude und Eigeninitiative umsetzen.
Josef Unger: Bei uns werden Unterstützung, Loyalität, Leistungsbereitschaft und Wertschätzung großgeschrieben. Zudem ist Zuverlässigkeit ein zentraler Punkt. Gemeinsam mit Offenheit und Ehrlichkeit schafft dies Vertrauen. Bei Unger wissen wir, dass wir uns auf den anderen verlassen können. Natürlich passieren immer wieder mal Fehler. Diese analysieren wir und sehen sie als Chance, besser zu werden. So kann jeder Mitarbeiter Verbesserungsvorschläge einbringen. Ein Familienunternehmen, das generationenübergreifend denkt, bildet dafür den idealen Rahmen. Dabei umfasst für mich der Begriff „Familie“ das ganze Unternehmen.
Wo sehen Sie Unger Stahlbau in 10 Jahren?
Matthias Unger: In 10 Jahren sind wir ein Familienunternehmen, das mit seinen Mitarbeitern die besten Lösungen für seine Kunden findet und umsetzt und dabei die Interessen aller Stakeholder einbezieht. Wir befinden uns in allen Belangen am Puls der Zeit und sind uns unserer Verantwortung für die Umwelt und die nachfolgenden Generationen bewusst. Wir agieren weltweit unter der Leitung unserer Zentrale in Oberwart, das sich mitten in einem vereinten und friedlichen Europa befindet.
Haben Sie besondere „Wünsche“ bzw. Anliegen an die Politik?
Matthias Unger: Als eine der zentralen Herausforderungen sehe ich, die Rahmenbedingungen zu schaffen für eine nachhaltige Entwicklung des Wirtschafts-, Forschungs- und Lebensumfeldes in Österreich. Ein fairer politischer Wettbewerb der besten Ideen, der Umwelt, Bildung, Forschung, Wirtschaft und sozialen Zusammenhalt berücksichtigt, trägt zum Wohle aller bei. Ich wünsche mir mehr Mut und Initiative sowie eine breite Zusammenarbeit, national als auch international.