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Mehr als Beleuchtung: Wie "smartes" Licht der Industrie im Alltag hilft

Mit den vielen Möglichkeiten smarter Beleuchtung und dem effizienten Einsatz in Wirtschaft und Industrie beschäftigt sich die Forschungsgruppe Smart Connected Lighting der JOANNEUM RESEARCH in Pinkafeld. Konkrete Problemstellungen und Herausforderungen von Kunden stehen im Vordergrund. 

Das MATERIALS – Institut für Sensorik, Photonik und Fertigungstechnologien der JOANNEUM RESEARCH bietet Unternehmen Zugang zu den neuesten Technologien, Forschungsinfrastruktur sowie wissenschaftliche Dienstleistungen und Problemlösungen, die auf ihre Anforderungen abgestimmt sind.

Die Forschungsgruppe Smart Connected Lighting unter der Leitung von Andreas Weiss forscht am Standort Pinkafeld an umfassenden Licht- und Beleuchtungskonzepten, die zeigen, was Licht noch alles kann, als unsere Räume zu erhellen. Mit den smarten Lösungen, die die Forschungsgruppe im Bereich der Lichttechnologie entwickelt, lassen sich verschiedenste Anwendungen im Alltag integrieren und mit Hilfe von vorhandenen Beleuchtungen einfach, sicher und kostensparend umsetzen.

Die IV-Burgenland hat Andreas Weiss und MATERIALS-Direktor Paul Hartmann einige Fragen zu Forschungen, Partnerschaften und Anwendungsbereichen sowie zur Entwicklung der Lichttechnologie gestellt.

 Wie hat sich Smart Connected Lighting seit ihrer Einrichtung im Jahr 2018 entwickelt?

Seit ihrer Gründung entwickelt die Forschungsgruppe innovative Lösungsansätze, um Licht in vernetzten Systemen neue Funktionalitäten zu ermöglichen. Dabei werden Leuchtkörper mit Sensoren ausgestattet und datentechnisch verbunden, um neuartige Anwendungen zu ermöglichen. Beleuchtung wird ein wichtiger Akteur in der immer rasanter fortschreitenden Vernetzung und Digitalisierung in den unterschiedlichsten Bereichen unserer Lebens- und Arbeitswelt oder für Anwendungen in der Landwirtschaft – Stichwort Smart Farming. Parallel dazu fließen auch vielversprechende Weiterentwicklungen im Bereich der Elektronik und des Machine Learnings kontinuierlich in unsere Forschungen ein, um für und mit unseren regionalen und überregionalen Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft angewandte Forschung auf Spitzenniveau betreiben zu können.

Trotz Corona Pandemie oder des herausfordernden wirtschaftlichen Gesamtumfeldes konnte Smart Connected Lighting seit seiner Gründung eine Top-Forschungsinfrastruktur aufbauen. Sowohl mit Unternehmen als auch gemeinsam mit wissenschaftlichen Partnern konnten wir die Weiterentwicklung zukunftsfähiger Produkte und Lösungen vorantreiben.      

Wo konnte man bisher Ergebnisse erzielen

Ein schönes Beispiel für unsere innovativen Lösungsansätze ist die Realisierung einer Personenzählung nur auf Basis von reflektiertem Licht, vollintegriert in einen Beleuchtungskörper. Unser Lösungsansatz kommt dabei ohne Kameras aus. Das bietet den Vorteil, dass Privatsphäre und Datenschutz garantiert werden können und eine ressourceneffiziente Umsetzung gewährleistet wird. Konkret bedeutet dies, dass Personen, die sich in einem Raum befinden, nur mit Hilfe einer im Raum befindlichen Lichtquelle anonym gezählt werden können. Weitere Themen behandeln die Beleuchtung im Shop Bereich, Automotive Lighting – hierbei geht es beispielsweise um smarte Autoscheinwerfer – bis hin zu nicht-visuellen Effekten von Licht, auch „Integrative Lighting“ genannt. Nach einer Aufbauphase können die Themen nun ohne Einschränkungen unseren Kunden und Partnern angeboten werden.

Die JOANNEUM RESEARCH Pinkafeld wurde unter anderem mit dem Anspruch gegründet, eine führende Rolle im Technologietransfer zu Firmen einzunehmen. Mit welchen Unternehmen arbeiten Sie konkret zusammen?

Das Grundkonzept der Forschungsgruppe orientiert sich am wirtschaftlichen Umfeld in Ostösterreich. Besonders mit den regionalen Firmen arbeiten wir auf einer breiten Basis zusammen. Da geht es um Messungen in unserem Licht- und Integrationslabor, herausfordernde Entwicklungen im Elektroniklabor, Auftragsforschung in unterschiedlichen Bereichen, bis hin zu mehrjährigen geförderten Forschungsprojekten.

Wir zählen die burgenländischen Unternehmen LUMITECH Lighting Solution GmbH, G² Industrial Engineering GmbH, PIK-AS Austria GmbH, HELLA Fahrzeugteile Austria, BECOM Electronics GmbH, und ZELOSplant Indoor Solutions GmbH zu unseren Kunden, sowie auch überregionale und internationale Firmenpartner.        

Wie können Unternehmen mit Ihnen zusammenarbeiten bzw. mit welchen Fragestellungen oder Herausforderungen kann man sich an Sie wenden?

Wir fühlen uns bei vielen Fragestellungen bzw. Herausforderungen rund um das Thema Licht, aber auch darüber hinaus, gut aufgestellt. Die Forschungsgruppe Smart Connected Lighting ist eingebettet in das Institut MATERIALS der JOANNEUM RESEARCH und kann bei Bedarf auch auf die Spezialisten und Expertinnen anderer Institute unseres Forschungsunternehmens zurückgreifen. Konkretere Themen für Smart Connected Lighting, sind alle Fragestellungen im Bereich der Optik und Photonik, der allgemeinen Elektronik, bis hin zu Sensorik und Monitoring-Aufgaben im Indoor- als auch im Outdoor-Bereich.

Künstliche Intelligenz und Machine Learning spielen bei der Realisierung eine große Rolle. Hier arbeiten wir insbesondere mit dem Institut DIGITAL von JOANNEUM RESEARCH zusammen.    

Welche Kooperationen gibt es im wissenschaftlichen Bereich?

Wissenschaftliche Kooperationen gibt es besonders mit der FH Burgenland und der Forschung Burgenland, sowie mit unterschiedlichen Instituten der TU-Graz. Hier kann man auch die Betreuung von Dissertationen durch das Institut für Hochfrequenztechnik anführen.

Können Sie ein paar Beispiele für Ihre Forschungsarbeiten und deren Anwendungsfelder anführen und kurz erklären?

In Pinkafeld forschen wir an der Realisierung neuartiger Kommunikations- und Sensing Lösungen auf Basis von Licht (sichtbar / Infrarot / UV) in Kombination mit maßgeschneiderten Methoden der Künstlichen Intelligenz. Die Fusion unterschiedlichster Sensoren, abgestimmt auf das Anwendungsszenario, stellt einen weiteren Schwerpunkt dar. Durch Integration von Sensoren mit verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten in bestehende Lichtinfrastruktur können wir modernste Lösungsansätze verfolgen, die aufgrund der verwendeten Komponenten Datenschutzbedenken von vornherein ausschließen können.

Wie bereits erwähnt, sind die Anwendungsfelder breit gestreut. Wir konnten beispielhaft bereits erfolgreich die Personenzählung nur mittels der Erfassung von reflektiertem Licht zeigen. Konkret wurden in diesem Forschungsprojekt Photodioden in einen bestehenden Beleuchtungskörper integriert und durch Auswertung der Reflektion und von Verschattungseffekten, die entstehen, wenn sich eine Person darunter bewegt, nicht nur das Erkennen von Personen, sondern auch die Ermittlung der Bewegungsrichtung und der Gehgeschwindigkeit erfolgreich umgesetzt werden. Aufbauend auf dieser anonymen Personenerkennung können zum Beispiel bedarfsgerechte Gebäudesteuerungsfunktionen mit geringem Aufwand und unter Wahrung der Privatsphäre realisiert .

In einer anderen Forschungsarbeit konnten wir die zentimetergenaue Positionsbestimmung von Personen und Objekten in Innenräumen realisieren, ohne dabei zusätzliche Sensorik in den Raum einbringen zu müssen. Stattdessen nützen wir geschickt die Beleuchtung in Kombination mit speziellen Optiken aus. Damit wiederum können wir unterschiedliche Anwendungen umsetzen wie etwa Asset Tracking, das Verfolgen von Gütern, oder im Bereich des Ambient-Assisted Living, bei dem ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen im Haushalt unterstützt werden.

Ganz allgemein decken die Kompetenzen von Smart Connected Lighting dabei den gesamten Prozess ab: von der Konzeption des Lösungsansatzes über das analoge/digitale Schaltungsdesign bis hin zur Algorithmenentwicklung auf unterschiedlichen Hardware-Plattformen und Programmiersprachen.

Welche Vorteile haben smarte Beleuchtungskonzepte im unternehmerischen Bereich?

Smarte Beleuchtungssysteme bieten eine Vielzahl an Vorteilen für Unternehmen in den unterschiedlichsten Bereichen, wie Ressourcen- und Kosteneffizienz. Beleuchtung als zentrale Funktion ist meist vorhanden und kann leicht mit zusätzlichen Sensoren ergänzt werden. Die Eingriffe in die Infrastruktur sind dabei recht gering. Nicht zuletzt kann durch die gezielte Bereitstellung von individuell abgestimmten Lichtintensitäten und Lichtspektren das Wohlbefinden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesteigert werden.

Welchen Herausforderungen sehen Sie sich gegenüber?

Abseits der technischen Herausforderungen waren in der Vergangenheit insbesondere die Verfügbarkeit gewisser elektronischer Komponenten, besonders während und nach der Corona Pandemie, problematisch. Auch die hohe Inflation hat natürlich auch in der Forschung ihre Spuren hinterlassen. Wesentlich für die Zukunft wird es sein, sowohl national als auch auf europäischer Ebene die Forschung an innovativen Lichtlösungen von der Allgemeinbeleuchtung bis hin zum automotiven Bereich weiter voranzutreiben und so der Industrie einen Vorteil gegenüber dem globalen Mitbewerb zu ermöglichen.    

Ein Blick in die Zukunft: Was sind Ihre besonderen Ziele als Forschungsgruppe? Wo sehen Sie Lichttechnologie in den nächsten 5 Jahren?

Nach dem gelungenen Aufbau der Forschungsgruppe, der modernen Laborausstattung und der thematischen Schwerpunkte in den letzten Jahren liegen die Ziele nun darin, auch auf europäischer Ebene gemeinsam mit den regionalen und überregionalen Partnern präsent zu sein. Dabei gilt es sicherzustellen, dass hochqualitative Forschung mit entsprechender kritischer Masse den regionalen Kunden und Partnern zur Verfügung gestellt werden kann.

In den nächsten 5 Jahren wird der Paradigmenwechsel in der Licht- und Beleuchtungstechnologie weg von der „simplen“ Lichtquelle, hin zu einem vernetzt agierenden System vollzogen, das verschiedenste Funktionen und Services, wie zum Beispiel die Positionsbestimmung bereitstellt. Dieser Trend wird die Sichtweise, was Beleuchtung leisten kann, grundlegend ändern und neue Märkte eröffnen. Gemeinsam mit unseren Partnern wird auch Smart Connected Lighting intensiv daran forschen, diese Vision wahr werden zu lassen.      

LANGE NACHT DER FORSCHUNG:

Am 24. Mai 2024 haben Kinder, Jugendliche und interessierte Erwachsene von 17 bis 23 Uhr die Gelegenheit, Forschung und Wissenschaft an 13 Standorten im Burgenland vor Ort zu erleben. Das Institut für Sensorik, Photonik und Fertigungstechnologien des Joanneum Research in Pinkafeld ist einer davon und öffnet seine Türen für alle, die an der faszinierenden Welt der Lichttechnologie interessiert sind.

Nach der Gründung und Positionierung der Forschungsgruppe Smart Connected Lighting in Pinkafeld hat sich die Forschungsgruppe sehr gut aufgestellt und sucht viel Kontakt nach außen zu Unternehmen. Wir von Lumitech Lighting Solution GmbH haben bereits das zweite Projekt mit dem Forscherteam laufen, es geht dabei um die Beleuchtung von Lebensmitteln und die Auswirkung dessen auf die Lebensmittel sowie die Steuerung von Licht. Für uns ist ein regionaler Partner wichtig und die Forschungsgruppe Smart Connected Lighting des Joanneum Research hat sehr viel Kompetenz, geht proaktiv auf Unternehmen zu und stark auf unternehmensspezifische Bedürfnisse ein und bietet eine sehr gute Forschungsinfrastruktur und Vernetzung zu den anderen Joanneum Research Standorten.
Foto: IV-Burgenland
Unser Unternehmen arbeitet mit der Forschungsgruppe Smart Connected Lighting eng zusammen in den Bereichen Hardware- und Softwareentwicklungen sowie Konzeptstudien für diverse Beleuchtungssysteme für Fahrzeuge. Des Weiteren nutzen wir sämtliche Laboreinrichtungen (hauptsächlich Lichtlabor, Klimaschrank sowie EMV) für Untersuchungen und Analysen. Die Experten mit Industriehintergrund stehen für Troubleshootings flexibel zur Verfügung und verbinden ihre langjährige Industrieerfahrung mit wissenschaftlichen Methoden. Die Forschungsgruppe in besticht durch die örtliche Nähe der Laboreinrichtungen in Pinkafeld, ausgezeichnete flexible Verfügbarkeit und ein Goniometer für externe Partner. Durch die langjährige Zusammenarbeit kennen wir die gegenseitigen Bedürfnisse und die Prozesse sind eingeschwungen. Joanneum Research steht sowohl für kleinere Anfragen als auch für große Forschung- und Entwicklungsprojekte zur Verfügung, was die Flexibilität und Kompetenz der Forschungsgruppe unterstreicht.
Foto: IV-Burgenland