Neben dem Thema der anhaltend höheren Energiepreise in Europa, bildet der US Inflation Reduction Act (IRA) nun eine zusätzliche immense Herausforderung für die europäische Industrie. Die EU-Kommission hat den Ernst der Lage erkannt und vergangene Woche in Vorbereitung des Gipfels den Green Deal Industrial Plan vorgelegt. „Wir erleben derzeit einen gefährlichen Mix aus Push- und Pull-Faktoren. Während Unternehmen in Europa mit langen Verfahrensdauern und hohen regulatorischen Kosten zu kämpfen haben, locken die USA beispielsweise mit standortpolitischen Anreizen und Förderungen. Daraus ergibt sich ein gefährlicher Mix für die Industriezukunft Europas. Die EU-Kommission hat erste Züge einer Antwort darauf vorgelegt und sich damit klar zu einem starken und nachhaltigen Industriestandort bekannt“, so Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung.
Der vorliegende Entwurf enthält umfassende Ankündigungen mit unterschiedlichen Ansatzpunkten, wie beispielsweise eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren von Industrieprojekten, einen angepassten Beihilferahmen und auch die Idee eines „EU-Souveränitätsfonds“. „Zahlreiche Punkte des Plans sind noch gründlich zu diskutieren, wie beispielsweise die Finanzierung und die Definition der Schlüsselindustrien. Die Attraktivierung der Rahmenbedingungen für Investitionen müssen für die gesamte Industrie gelten und nicht nur für ausgewählte Branchen. Darüber hinaus werden die regulatorischen Kosten derzeit noch außer Acht gelassen und sollten unbedingt diskutiert werden. Dabei wird die Ausgestaltung maßgeblich für den tatsächlichen Erfolg des Instruments sein. Denn der Wohlstand in Europa wird ohne industrielle Wertschöpfung nicht zu erhalten sein“, ergänzt Knill. Schließlich ist die geplante Neuausrichtung des Krisen-Beihilferahmens auf die längerfristige Transformation der Industrie der richtige Ansatz. Gleichzeitig muss hier mit Bedacht vorgegangen werden, um ein Subventionswettrennen zu vermeiden.
Ebenso zu begrüßen ist das Vorhaben greifbare Freihandelsabkommen, wie etwa das fertig verhandelte EU-Mercosur-Abkommen, möglichst rasch umsetzen zu wollen. Denn wer heute gegen das Mercosur-Abkommen ist, darf sich morgen nicht wundern, wenn Europa an Bedeutung und internationalen Anschluss verliert. Durch den Wechsel an Brasiliens Staatsspitze, ergeben sich zahlreiche neue Chancen für beide Wirtschaftsräume – sowohl im Hinblick auf Exporte als auch den Schutz von Klima und Umwelt. „Das Mercosur-Abkommen ist eine einmalige Gelegenheit, um europäische Werte zum Schutz von Klima- und Umwelt partnerschaftlich auch nach Südamerika zu exportieren. Damit wird das Freihandelsabkommen mit der Hilfe Europas zur Chance für die Rettung des tropischen Regenwaldes“, so Knill abschließend.