Fachkräftemangel im Burgenland ist Wachstumsbremse

Maßnahmen gegen den Facharbeitermangel, Förderung von Forschung, Entwicklung, Digitalisierung und Ressourceneffizienz stehen neben einer wirklichen Steuerreform auch für Unternehmen auf der To-Do Liste der Industrie.

Beim traditionellen Neujahrsempfang der IV Burgenland im Haydn Konservatorium Eisenstadt durften Präsident Manfred Gerger und Geschäftsführerin Ingrid Puschautz-Meidl über 170 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Organisationen, dem Bildungsbereich und der Kultur begrüßen.

Präsident Manfred Gerger ging in seiner Rede auf die große Bedeutung der Industrie für unseren Wohlstand ein und betonte die Notwendigkeit, weiter Rahmenbedingungen zu schaffen, um auch bei der kommenden, rückläufigen Konjunktur erfolgreich arbeiten zu können.

Als Schwerpunkte der Arbeit der IV Burgenland nannte Präsident Gerger Maßnahmen gegen den Facharbeitermangel, besonders im technischen Bereich. Weiters muss es eine spürbare steuerliche Entlastung auch für Unternehmen geben. Forschung, Entwicklung, Digitalisierung und Infrastruktur bleiben weiter wichtige Themen. Außerdem will man sich auch der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft verstärkt widmen.

Einen Appell richtete Manfred Gerger an alle Partner, gemeinsam – wie eine richtige Sozialpartnerschaft – für den Wirtschafts- und Lebensstandort Burgenland zu arbeiten. „Nur so können alle gewinnen“, so Gerger.

Eine ungewöhnliche Herangehensweise an das Thema Führungsarbeit präsentierte der Hausherr und Direktor des Haydn Konservatoriums, Tibor Nemeth.

Nemeth zeigte, was die Philosophen Heraklit und Hegel mit ihren Erkenntnissen zu Diversity - und Change-Management beitragen können. Anhand der Musik Joseph Haydns erlebten die Gäste Management zum Anhören!

Bei guter Stimmung wurde noch bis tief in die Nacht hinein diskutiert und genetzwerkt.

Mit dabei waren unter anderem: Vizepräsidentin Nina Katzbeck, Vizepräsident Hans Bock mit den Söhnen Roman und Johannes Bock, Bernd Zauner, Lenzing, Josef und Renate Unger, Werner Blohmann, Vossen, Karl Mad, Isosport, Johann Tschürtz mit Gattin, SET, Christian Strasser, Pet to Pet, Beate Kälz, Sanochemia, Johann und Christina Glocknitzer, Sealmaker, Wilfried Stuckart, Siemens, Bernd Berghofer, Austria Petfood, Peter Berghofer, Ulbrich of Austria, Hana Dellemann, Raaber Bahn.

Gäste aus der Politik und Organisationen: Landeshauptmann Hans Niessl, Landesrätin Verena Dunst, Wirtschaftslandesrat Alexander Petschnig, 2. Landtagspräsident Rudolf Strommer, AMS Chefin Helene Sengstbratl, BLH Chef Hans Peter Rucker, WK Geschäftsführer Harald Schermann.

 

Im Folgenden finden Sie die Neujahrsrede von IV Präsident Manfred Gerger.

2018 hat sich das gute Wirtschaftswachstum in Österreich fortgesetzt. Das gilt auch für das Burgenland. Die Beschäftigung ist im Burgenland auf rund 105.000 Beschäftigte angestiegen. Zu diesem Beschäftigungsplus konnte die Industrie einen maßgeblichen Teil beitragen.

  • Allein im Industriesektor wurden 2018 in ganz Österreich rund 25.000 neue Arbeitsplätze geschaffen – mehr als in allen anderen Branchen 
  • Die Hochkonjunktur der vergangenen Monate wurde mit über 70 Prozent von der Industrie getragen

Das zeigt einmal mehr: Die Industrie ist DER Wachstums- und Beschäftigungsmotor in unserem Land.

Was wird nun 2019 auf uns zukommen? Wo liegen unsere Ziele, unsere Vorhaben, unsere größten Herausforderungen?

2019 wird uns ALLE fordernd. Die Konjunkturentwicklung ist rückläufig in Richtung Normalmaß. Realistisch betrachtet müssen wir von einer Abschwächung des Potenzialwachstums von rund 1,75% ausgehen.  Wesentliche Gründe dafür sind:

  • Engpässe bei der Verfügbarkeit von Fachkräften am inländischen Arbeitsmarkt
  • eine bereits hohe Kapazitätsauslastung in der Industrie
  • globale Risikofaktoren wie die Überschuldung einzelner Schwellenländer, mangelnde Strukturreformen in bestimmten EU-Mitgliedstaaten und ein wachsender Protektionismus

Umso wichtiger ist es, den Industriestandort Österreich so stark wie möglich aufzustellen. Im Jahr 2018 ist dies - Dank der Bemühungen der Industriellenvereinigung und unserer Partner - in vielen Bereichen bereits gelungen. Konnten unsere ambitionierten Ziele nicht zu 100 Prozent erreicht werden, wurden aber zumindest zielführende Weichen gestellt. Weichen, die die Unternehmen in unserem Land zu mehr Wettbewerbsfähigkeit leiten. Wettbewerbsfähigkeit als Standortsicherung. Standortsicherung ist die Basis für Beschäftigung und Leben im Burgenland.

  • Ein richtungsweisendes Projekt für das Burgenland ist beispielsweise die erfolgreiche Etablierung des zukunftsträchtigen Forschungsbereichs Smart Connected Lighting“ des Joanneum Research in Pinkafeld.

Die JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH entwickelt Lösungen und Technologien für Wirtschaft und Industrie in einem breiten Branchenspektrum und betreibt Spitzenforschung auf internationalem Niveau. Der Fokus der Forschungsgruppe Smart Connected Lighting besteht in der Realisierung umfassender Licht- und Beleuchtungskonzepte.

Vielen Dank an die Landesregierung, welche mit viel Weitblick diese Forschungsstätte finanzieren wird.

  • Moderne, praxisgerechte Arbeitszeitregelungen

Mit den umgesetzten Verbesserungen kann nun flexibler auf Auftragsschwankungen reagiert werden. Wir können den Anforderungen einer weltweit vernetzten Wirtschaft besser gerecht werden und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren ebenfalls von mehr Flexibilität und längeren Freizeitblöcken.

Dass die gewerkschaftliche Kampagne gegen die Flexibilisierung der Arbeitszeit auf wackligen Beinen stand und steht, zeigen auch empirische Untersuchungen: Laut einer Market-Umfrage sind acht von zehn Beschäftigten mit dem Ausmaß ihrer Arbeitszeit weiterhin zufrieden. Für neun von zehn passt die Lage ihrer Arbeitszeit, also von wann bis wann sie arbeiten.

  • Reform der Sozialversicherung

Die österreichische Sozialversicherung bietet Schutz bei Krankheit, Unfall und im Alter. Um aber den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, müssen Effizienz und Qualität gesteigert werden. Mit dem Beschluss der Sozialversicherungsreform hat der Nationalrat dafür im Dezember die Weichen gestellt.

  • Senkung der Lohnnebenkosten

Auch zur dringend notwendigen Lohnnebenkostensenkung wurde der erste Schritt gesetzt:

  • ab 01.01.2019 wird der Unfallversicherungsbeitrag um 0,1 Prozentpunkte. Das entspricht einer Entlastung von mehr als 100 Millionen Euro.
  • Die IV setzt sich dafür ein, dass – im Zuge der Reform der AUVA - die Reduktion des Unfallversicherungsbeitrags von 1,3 auf 0,8 Prozent innerhalb der Legislaturperiode realisiert wird.
  • Standortentwicklungsgesetz beschlossen

Künftig soll bei Genehmigungsverfahren u.a. für Infrastrukturprojekte eine straffere Abwicklung für zügige Entscheidungen sorgen. Das stärkt die Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Für Unternehmen erhöht sich die Planungssicherheit für Investitionen und größere Projekte massiv.

  • Mit dem neuen Gesetz wird kein Umweltgrenzwert verschlechtert, kein Naturschutzgebiet verkleinert und es werden berechtigte Bürgeranliegen nicht geschmälert.
  • Es geht um die Sicherheit, dass Entscheidungen in einer angemessenen Zeit erfolgen. Nur so können Unternehmen Investitionen planen und größere Projekte, die dem ganzen Land dienen und Arbeitsplätze sichern, letztendlich auch umgesetzt werden.

Auch bei diesem Thema war uns Landeshauptmann Niessl eine große Stütze! 

  • Rund 3.000 zusätzlich FH-Plätze im MINT-Bereich beschlossen

Angesichts eines massiven Mangels an Fachkräften vor allem im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich hat sich die Industrie stets dafür eingesetzt, die Probleme im Bildungsbereich anzugehen. Der Ausbau der FH-Plätze ist ein wichtiger, richtungsweisender Lösungsansatz.

Allein im MINT Bereich werden in Österreich bis 2023 rund 50.000 neue Jobs entstehen, mehr als 28.000 davon im IKT-Bereich. Der Fachkräftemangel im Burgenland ist eine Wachstumsbremse für die heimische Wirtschaft.

Wir fordern daher ein Plus von 20 Prozent bei den Absolventinnen und Absolventen im technischen Bereich bis 2022. Das geht nur, wenn es ausreichend Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten im Land gibt.

Und wir müssen Jugendliche, Eltern und Lehrer intensiv darüber informieren, dass die Job- und Verdienstmöglichkeiten mit technischer Ausbildung deutlich höher sind.

  • Verständnis für internationalen Handel stärken:

Die IV ist DIE Stimme für internationalen, fairen und freien Handel und hat sich erfolgreich eingesetzt, dass Österreich der vorläufigen Anwendung von CETA zugestimmt und der Nationalrat für das Abkommen gestimmt hat

  •  „Entbürokratisierung“ und Beseitigung von Gold Plating

Die bürokratische Entlastung von Unternehmen und Bürgern muss weiter auf der politischen Agenda stehen – auch ein großes Thema für das Land Burgenland 2019.

  • Schwerpunkt 2019: Steuerreform muss Entlastungsreform werden

Belastungen für Unternehmen sind seit 2005 durchwegs gestiegen. Die Unternehmen wurden bei den jüngsten Steuerreformen de facto übergangen.  

Entscheidend ist daher, dass bei der nun angekündigten Steuerreform die steuerliche Entlastung der Unternehmen ein entsprechendes Volumen erreicht. Einkommenssteuersenkung, Vereinfachung des Steuerrechts und vor allem die Senkung der Körperschaftssteuer sind unsere notwendigen Forderungen zur Standortsicherung.

Sinnvoll zu bewerten ist die Ankündigung, 2/3 des geplanten Volumens von 6 Mrd. Euro für die Entlastung der Einkommen und 1/3 für die Entlastung der Wirtschaft zu verwenden. Bei diesem Drittel muss es rein um die Senkung der Körperschaftsteuer auf nicht entnommene Gewinne gehen. Die notwendige Entlastung des Faktors Arbeit erfolgt bereits über die SV-Reform.

  • Entnommene Gewinne würden reinvestiert werden. Die Ausschüttungsquote würde insgesamt sinken. Das führt zu mehr Wachstum und Arbeitsplätzen.

 

Zusammengefasst darf man sagen: Es ist uns 2018 gemeinsam eine standortpolitische Trendwende gelungen. Die große Herausforderung wird es sein, diese im Jahr 2019 erfolgreich weiterzuführen.

Hier bleibt die Politik gefordert, zukunftsorientierte und mutige Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen, um bestmögliche Rahmenbedingungen für Unternehmen, Investitionen und damit für Arbeitsplätze zu schaffen.

Ein Großteil der o.g. Themen wird zweifelsfrei auch 2019 weiterhin auf der Tagesordnung stehen bzw. bzw. stehen müssen. Um unseren Standort Burgenland zu sichern, müssen wir GEMEINSAM weiter hart daran arbeiten.

Resultierend aus den angesprochenen Herausforderungen für die Industrie und den Standort Burgenland, wird sich die IV Burgenland im Neuen Jahr folgenden Schwerpunkten widmen:

Maßnahmen gegen den Facharbeitermangel:

  • Aus und Weiterbildung der Mitarbeiter in unseren Unternehmen.
  • Steigerung der Attraktivität des Lehrberufes, neue Lehrberufe

Attraktivierung des Industriestandortes Burgenland:

Forschung und Entwicklung fördern und fordern

Industrie 4.0, Digitalisierung:

Chancen, Rahmenbedingungen, Lernen von den Besten

Förderung der Nachhaltigkeit:

Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft

Infrastruktur

Elektrifizierung der Ostbahn, Breitbandausbau

Ein spannendes Arbeitsjahr liegt also vor uns und ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam diese Themen diskutieren und erarbeiten zu dürfen! Quasi in einem echten, sozialpartnerschaftlichen Sinn, wo alle nur gewinnen können!

Für 2019 wünsche ich uns ALLEN vor allem Gesundheit und viel Kraft und Energie, um unsere Herausforderungen zu bewältigen. Und auch das Quäntchen Glück, das wir brauchen, um unsere gesteckten Ziele zu erreichen.