Industrie erholt sich - aber nur langsam

Die burgenländische Industrie steht weiterhin vor großen konjunkturellen Herausforderungen. Die Bekämpfung des Fachkräftemangels und offene Grenzen für den Wirtschaftsverkehr sind Schlüsselfaktoren für eine wirtschaftliche Erholung.

„Die Aufwärtsentwicklung der burgenländischen Industrie geht sehr langsam voran. Die Unternehmen fahren weiter auf Sicht“, fasst Ingrid Puschautz-Meidl, Geschäftsführerin der IV Burgenland, die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der IV Burgenland und der Sparte Industrie Burgenland für das dritte Quartal 2020 zusammen. „Umso wichtiger ist es gerade jetzt, die Weichen für die Zukunft des Standortes Burgenland richtig zu stellen und den Unternehmen keine weiteren Belastungen aufzubürden“, so Puschautz-Meidl.

Die meisten Industrieunternehmen fahren weit unter der Normalauslastung. Aufgrund der wiederaufgeflammten COVID-19-Infektionssituation bleibt die Unsicherheit groß und belastet die Industrie auch bis in das nächste Jahr hinein.

Die Geschäftslage bei den burgenländischen Unternehmen hat sich im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal nur leicht verbessert und befindet sich weiterhin auf einem niedrigen Niveau.

Ebenso eine leichte Erholung zeigt sich bei den Auftragsbeständen und Auslandsaufträgen. Aufgrund der Covid-19-Situation bleibt jedoch vor allem bei Projekten im internationalen Umfeld eine hohe Planungsunsicherheit. Die kaum kalkulierbare Entwicklung der Reisebeschränkungen und damit verbundene drohende Verzögerungen bei der Projektumsetzung dämpfen auch weiterhin eine schnellere Erholung auf den internationalen Märkten.

Ein heterogenes Bild der Betroffenheit zeigt sich bei den einzelnen Industriebranchen im Burgenland. Während etwa die Lebensmittelindustrie großteils von den Effekten der Covid-Pandemie weniger stark betroffen ist, sehen sich vor allem Zulieferbranchen in den Automotiv-Bereich weiterhin mit Auftragsrückgängen konfrontiert.

Trotz schwieriger Auftragslage und verhaltenen Aussichten in den nächsten Monaten rechnet man in der burgenländischen Industrie mit einem insgesamt stabilen Beschäftigungsstand in den nächsten drei Monaten. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels lautet die Devise, gute Fachkräfte in Beschäftigung zu halten und geeignete Lehrlinge zu finden. Die Verlängerung der Kurzarbeit ist vor allem für jene Unternehmen wichtig, die in den ersten Monaten noch ein Auftragspolster hatten und bei denen die Krise nun zeitversetzt ankommt. Durch die Kurzarbeitsbeihilfen konnte ein dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit vermieden werden.

Die großen konjunkturellen Herausforderungen und Unsicherheiten zeigen sich vor allem auch in den eher verhaltenen Prognosen für die nächsten sechs Monate.

Motivation zu Innovation und Investition

In den kommenden Wochen gilt es daher, in allen Gesellschaftsbereichen sehr umsichtig miteinander umzugehen, um möglichst viele Ansteckungen und einen neuerlichen Lockdown zu verhindern. Die burgenländische Industrie unternimmt sehr viel, um ihre Mitarbeiter vor der Ausbreitung der Covid-Pandemie zu schützen. Das zeigt auch die geringe Anzahl der Ansteckungen im Arbeitsumfeld. „Hilfreich wäre daher die Möglichkeit des Freitestens und kürzere Quarantänezeiten“, so Ingrid Puschautz-Meidl.

Ebenso wichtig ist es, jetzt die richtigen Weichen für die Zukunft des Standortes Burgenland zu stellen. Damit die Industrie für die burgenländische Wirtschaft auch weiterhin als Wertschöpfungsmotor fungieren kann, ist es entscheidend, dass sie auch in Zukunft Rahmenbedingungen vorfindet, die zu weiteren Investitionen und Innovationen motivieren. Dabei geht es insbesondere um die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Fachkräften im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich als wichtigste Ressource für die wirtschaftlich-technologische Entwicklung im Burgenland. „Dazu bedarf es aber auch eines klaren Commitments der burgenländischen Politik. Weitere Belastungen, wie die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von Euro 1.700 netto gehen eindeutig in die falsche Richtung“, appelliert Puschautz – Meidl an die Vernunft der treibenden Kräfte.

Die Konjunkturumfrage des dritten Quartals 2020 im Detail:

Etwas positiver wird die derzeitige Geschäftslage gegenüber dem vorherigen Quartal eingeschätzt. 42 Prozent (40) der Industriebetriebe bewerten sie als gut. 39 Prozent (26) beurteilen sie als durchschnittlich und 19 Prozent (34) als schlecht.

Leicht zuversichtlicher als im letzten Quartal sieht man auch den derzeitigen Auftragsbestand. 53 Prozent (44) der befragten Betriebe bewerten den Auftragsbestand gut und 32 Prozent (22) als durchschnittlich. Nur mehr 15 Prozent (34) erwarten rückläufige Aufträge.

Bei den derzeitigen Auslandsaufträgen zeigt sich wieder ein Aufwärtstrend. 33 Prozent (25) gehen von guten Auslandsaufträgen aus, 57 Prozent (32) von gleichbleibenden und nur 10 Prozent (43) von schlechteren.

Die Verkaufspreise in 3 Monaten werden weiterhin als sehr durchschnittlich beurteilt. 1 Prozent (0) der Industriebetriebe geht davon aus, dass die Preise in 3 Monaten steigen werden. 97 Prozent (83) erwarten durchschnittliche Preise und 2 Prozent (17) der befragten Betriebe erwarten schlechte Verkaufspreise.

Die Einschätzung des Beschäftigtenstands in 3 Monaten zeigt sich relativ konstant. 4 Prozent (6) gehen von einem guten Beschäftigtenstand aus. 96 Prozent (89) geht von einer konstanten Mitarbeiterzahl aus. Erfreulich ist, dass niemand der Befragten, 0 Prozent (5), einen geringeren Beschäftigtenstand erwartet.

Unterschiedlich zeigt sich die Einschätzung der Geschäftslage in 6 Monaten. 13 Prozent (27) der befragten Betriebe rechnen mit guten Ergebnissen. 83 Prozent (58) sind der Meinung, dass die Geschäftslage unverändert bleiben wird und 4 Prozent (15) rechnen mit einer rückläufigen Entwicklung der Geschäftslage in 6 Monaten.

Die Klammerwerte sind jeweils die Vergleichswerte des 2. Quartal