Andrea Maller-Weiß ist seit mehr als 15 Jahren im Vorstand der Bank Burgenland. Vor einem Jahr erweiterte die Bank Burgenland ihre Geschäftsbereiche um die Filial- und Firmenkunden der Anadi Bank. Andrea Maller-Weiß über diese jüngsten Entwicklungen, die Vollendung der Kapitalmarktunion und ihren Werdegang anhand verschiedener Führungspositionen.
Ende 2024 übernahm die Bank Burgenland das Filial- und Firmenkundengeschäft der Anadi Bank in Kärnten. Welche Veränderungen brachte dies mit sich und was stand dahinter
Andrea Maller-Weiß: Das Retailgeschäft steht immer stärker im Fokus der Hypo-Bank Burgenland. Durch seine breite Diversifizierung birgt es ein überschaubares Risiko und bildet damit ein ideales
Fundament für nachhaltiges Wachstum. Als Regionalbank sehen wir das Privatkundengeschäft als eine unserer Kernkompetenzen und verfolgen bewusst eine Wachstumsstrategie – anstelle von Filialschließungen. Der Mensch, die Nähe zu unseren Kundinnen und Kunden und der persönliche Kontakt sind uns besonders wichtig.
Als Spitzeninstitut der GRAWE Bankengruppe ist die Bank Burgenland seit vielen Jahren verlässlicher Partner auf der Achse Burgenland–Wien–Niederösterreich–Steiermark. Die Erweiterung dieser Achse
Richtung Süden war ein logischer Schritt. Unser Filialnetz wuchs dadurch von 13 auf 23 Standorte, und die Zahl unserer Retail-Kundinnen und -Kunden hat sich mit rund 91.000 nahezu verdoppelt. Damit konnten wir nicht nur Marktanteile und neue Kundengruppen gewinnen: Solche Expansionen
schaffen auch Skaleneffekte und Synergien, sofern die internen Strukturen richtig angepasst werden. Deshalb haben wir Prozesse und Teile unserer Organisation neu ausgerichtet, um künftig noch effizienter agieren zu können.
Immer wieder ist die Vollendung der Kapitalmarktunion der EU nach dem US-amerikanischen Vorbild Thema. Welchen Nutzen bringt das und welche Schwierigkeiten stehen dem gegenüber?
Maller-Weiß: Die Vollendung der Kapitalmarktunion soll Unternehmen, vor allem Start-ups und KMUs, leichteren Zugang zu Finanzierungen verschaffen, Investitionen über Grenzen hinweg erleichtern
und die Abhängigkeit von Bankkrediten verringern. Das würde die europäische Wirtschaft widerstandsfähiger machen und Kapital effizienter verteilen bzw. die Innovationskraft und Unabhängigkeit stärken.
Die Hindernisse sind jedoch beträchtlich: unterschiedliche nationale Insolvenz- und Steuerregeln, abweichende Aufsichtsstrukturen, begrenzte Harmonisierung bei Anlegerschutz und Kapitalmarktpraktiken sowie politische Widerstände gegen Souveränitätsverluste. Diese Fragmentierung erschwert die Schaffung eines einheitlichen, tiefen Kapitalmarkts nach US-Vorbild. Praktisch heißt das: Fortschritt ist möglich, aber er erfordert klare Prioritäten, politischen Willen und ein Bündel an Maßnahmen.
Sie sind seit 2008 im Vorstand der Bank Burgenland. Davor hatten Sie verschiedene Führungspositionen im In- und Ausland inne. Was braucht es, um eine erfolgreiche Managerin zu sein, und wo sind die Herausforderungen?
Maller-Weiß: Bereits 1997 durfte ich als Bereichsleiterin eine Bank für die Bank Austria in der Slowakei aufbauen, bevor ich 2002 erstmals eine Vorstandsfunktion bei der Hypo Alpe Adria Bank übernahm
und bis Ende 2007 stellvertretende Vorstandsvorsitzende war. Seit 2008 bin ich Mitglied des Vorstands der Bank Burgenland und leitete zudem zehn Jahre lang als Vorsitzende den Vorstand der Sopron
Bank Burgenland, unserer ehemaligen ungarischen Tochtergesellschaft.
Erfolg als Manager erfordert Disziplin, Fleiß und die Bereitschaft, mehr Einsatz zu zeigen als andere. Oft wirkt alles von außen betrachtet sehr schön – in Wahrheit bedeutet es aber Mut, Durchhaltevermögen und die Freude an der eigenen Arbeit. Nur wer seine Aufgabe gerne erfüllt, ist bereit, überdurchschnittlich viel zu investieren. Manchmal muss man auch mutige und unpopuläre Entscheidungen treffen – wie z. B. ins Ausland zu gehen. Damals galt es, persönliche Ängste zu
überwinden und sich voll auf die Aufgabe zu konzentrieren – in einem Umfeld, das politisch weniger stabil war als in Österreich. Hinzu kam, dass Frauen in Führungspositionen noch selten waren.
Ich hatte das Glück, immer wieder an Positionen zu gelangen, in denen ich gestalten und Veränderungen vorantreiben konnte. Das hat mich motiviert, mein Herzblut einzubringen. Natürlich gehört auch ein Quäntchen Glück dazu – zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Ebenso entscheidend ist, überlegt zu planen, Verantwortung zu übernehmen und schwierige Zeiten aktiv zu meistern. Krisen sind wertvolle Lernfelder für die Zukunft.
Auf meinem Weg haben mich viele Jahre lang Mentoren begleitet, die mich fachlich unterstützt haben und mir menschlich zur Seite gestanden sind. Nicht zuletzt war auch mein privates Umfeld eine wesentliche Stütze: Die Rückendeckung meiner Familie hat mir ermöglicht, mich auf meine Karriere zu konzentrieren und die notwendige Zeit und Energie einzusetzen.


